Die große Ox #166-Besprechung

Ein Loblied auf die Freundlichkeit

Das Ox wird ja oft als langweilig bezeichnet, da sich Rezensent / Band oder die Interviewpartner nahestehen. Man tut sich halt nicht weh und sucht das Verständnis und den Kompromiss. Der Interviewer vermittelt Kritik so verpackt, dass der Partner nicht aus der Haut herausfährt. Die Nähe zueinander wird niemals gefährdet. Wenn polarisiert wird, dann gegen gemeinsame Dritte. Das mag für manche eben uninteressant sein, hat aber auch den großen Vorteil, dass das Heft durchaus nie triggert oder böse Reflexe auslöst. Je älter ich werde, desto mehr bin ich für diese Art dankbar, denn sie schont meine Nerven. Das Titelthema PASCOW ist so ein Beispiel. Zwischen 28 und 45 Minuten dauert die Lesezeit und mal Joachim, Ollo und Alex, mal Nadine, Alex und Swen sind maximal freundlich zueinander. Auch beim DONOTS-Interview spüre ich das grundsätzlich positive Grundverständnis füreinander. Da wünsche ich mir manchmal, dass die Frage auch mal ist, warum man immer diesen aalglatten Sound mischen lässt.

Aber auf der anderen Seite liest ja auch jeder die Interviews mit einer gewissen Haltung und Mündigkeit. Und da möchte ich auch ungern überwältigt werden, sondern meine eigenen Urteile fällen. Ollo und Alex geben so auch ziemlich Privates von sich, was die Texte nochmal in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Laut dem VINYLKRISE 2.0-Bericht entspannt sich derzeit die Situation bei steigenden Preisen. Angesichts der Re-Releases-Abteilung frage ich mich aber, ob es ernsthaft sein muss, dass weiter jeder Scheiß nachgepresst werden muss. Ich meine, wenn einer Erstauflage von 300 eine weitere von 500 folgt, weil man vorsichtig kalkuliert hat, finde ich das okay. Oder wenn wirklich ein Schatz geborgen wird, der heute in neuem Glanz erscheint, okay, aber doch nicht all dieser Müll, der heute als Neuveröffentlichung als totaler Schrott vernichtet würde.

Highlights im Heft sind sicher die Interviews mit Menschen, die Dinge unabhängig vom Neue Platte/Tour/Promo-Geschäft zu sagen haben. AGNOSTIC FRONT (ja, trotz der Musik),ANDECK BAUMGÄRTEL und SOULSIDE zum Beispiel. Was für mich ja immer ein Grund ist, das Ox gründlich zu lesen, ist auch die Suche nach für mich Neuem. Ich sitze da oft mit Spotify und Bandcamp und höre parallel zum Lesen, um meine Playlists zu füttern und den einen oder anderen Kauf zu tätigen. Da war leider dieses Mal Saure-Gurken-Zeit. Bei der Geschmackskontrolle war bis auf PASCOW, die ich ja hier schon gefeiert habe, nur BILLY ZACH für mich übrig. Überraschenderweise fanden dann auch noch BERTHOLD CITY (auweia!) den Weg übers Interview zu mir. Die ballern echt was weg! In der Summe gaben die Neuerscheinungen aber mehr für die Himmel hast du keine Flinte-Liste als für die 47 Highlights her.

 

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