(K)eine Liebeserklärung an die Duisburger Verkehrsgesellschaft

Allerdings gibt es vielfältige Demütigungen, die man als Duisburger zu ertragen gezwungen ist. Die größte aller dieser Beschämungen ist es allerdings, in dieser Stadt nicht über ein Auto zu verfügen, um sich zum Bäcker bewegen. Wer sich ein Bild darüber machen möchte, wie erniedrigend das mit dem Fahrrad oder als Fußgänger funktioniert, dem seien die Videos von Wolfgang Dewald empfohlen (https://youtu.be/kfUk3_Qv0Yg).

Aber dann gibt es natürlich noch das andere Standbein im Teil der Lösung der dingendsten Probleme der Menschheitsgeschichte, die hier nicht angegangen werden: der öffentliche Nahverkehr.

Der Name Duisburger Verkehrsgesellschaft, kurz DVG, täuscht seit mittlerweile 140 Jahren seine Nutzer, indem das Wort Verkehr im Namen geführt wird. Wenn man es nicht anders wüsste, würde man den Wikipedia-Eintrag zur Definition für Fake News halten, denn dort steht, dass Objekte innerhalb eines Netzes entlang von Routen bewegtwerden. Regelmäßig ist die persönliche Erfahrung allerdings, dass Objekte, in dem Fall Fahrgäste, entlang bestehender Routen, unbewegt stehen. Bewegung innerhalb dieses Netzes erscheint eher willkürlich. Neidvoll schaut man auf den Schienenersatzverkehr der Nachbarkommunen, denn Bahnen kommen oder kommen nicht. Darüber informiert eine digitale Informationstafel am Gleis, für deren Ausbau man bei der DBG besonders stolz ist (https://www.dvg-duisburg.de/die-dvg/aktuell/investition-ins-schienennetz). An vielen Haltestellen kann dieses Stehen sogar barrierefrei geschehen. Dann kann man dort auf eine Tafel schauen, auf der eine Bahn mal pünktlich oder mal mit Verspätung angekündigt wird, dann aber meistens mit Verspätung kommt oder im letzten Moment einfach ganz ausfällt. Die U79 scheint beispielsweise öfter kurz vor der Haltestelle Am Sittardberg in ein Dimensionsloch zu fallen. Da macht man sich schon so seine Gedanken, was denn wohl aus den Gästen in dieser Bahn geworden sein mag. Da tröstet man sich lieber mit dem Gedanken, dass die modernen Anzeigetafeln vermutlich von einer mit Scratch programmierten K.I. gespeist wird, die wohlmöglich an einer Schule des gemeinsamen Lernens in der Informatik AG der 5. Klasse programmiert wurde.

Die Gäste haben sich derweil daran gewöhnt, dass Verspätungen immer dazu führen, dass die sechs stündlichen Bahnen in der Woche jeweils im Abstand von 2 Minuten einmal in der Stunde kommen. Am Sonntag fällt eine von zwei Bahnen dann schon mal aus. Verlässliche Orakel über den zeitlichen Korridor konnten bisher nicht getroffen werden. Umso bewundernswerter ist der Mut der Verantwortlichen der DVG, tatsächlich Fahrpläne an den Stationen auszuhängen, die naiven Umsteigern suggerieren, sie könnten dieses Verkehrsmittel nutzen, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die mit festen Arbeitszeiten verbunden ist.

Aber ist es nicht gerade diese spießige Verlässlichkeit, die unser Leben so kaputt macht? Leistet die DVG nicht einen wichtigen Beitrag zur Entschleunigung des Lebens. Bieten ausgefallene, liegengebliebene oder verschwundene öffentliche Verkehrsmittel nicht ungeahntes Potenzial, einfach mal bewusst die Umgebung wahrzunehmen? Gerade Gerüche bieten hierzu doch oft Anlass über das Sein im Verhältnis zum Seienden nachzudenken. Manchem Zeitgenossen bietet es auch tolle Gelegenheit zur sportlichen Betätigung. Zum Beispiel spontan zum Haltepunkt der alternativen Reisemöglichkeit zu joggen oder gleich direkt die 5, 10 oder 15 Kilometer zu gehen. Das Herz-Kreislaufsystem weiß einem das zu danken. Und wenn man dann in der S1 statt der U79 auf dem Gleis steht, weil ein Fernzug überholt, wird einem einmal mehr bewusst, oft ist es doch Jammern auf hohen Niveau und die DVG ein Easy Target.

Als Duisburger freut man sich über barrierefreie Bahnsteige, für deren Erstellung man Jahre des Stillstands in Kauf nimmt, anstatt dort eine Servicekraft anzustellen, die den Hilfebedürftigen vor Ort tatkräftig hilft, zu warten. Man freut sich, dass Beschwerden mit stoischer Gelassenheit und einem immer gleichen Autoresponder beantwortet werden, bis man sich solche Zeitverschwendung ganz spart. Der Mensch lernt in Duisburg viel über das Leben: Wer einmal versucht hat, Leistungen aus der Mobilitätsgarantie zu beantragen, wird nicht mehr verlacht werden, weil er auf die Email vom Prinzen aus Zamunda hin, 20 Euro für die Annahme der Erbschaft überwiesen hat. Da spielt man gleich in einer ganz anderen Liga.

In diesem Sinne, allzeit gute Fahrt!

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