Frohe Auferstehung, das Wort zu Ostern

Es begab sich im Jahre 19… Weiß nicht mehr, wohl Mitte der 90er. Es war bei einem Mini Open-Air in der Nähe von Villingen-Schwenningen (Niedereschach? Könnte sein…). Wir waren eventuell wegen MELTING PROCESS dort, vielleicht auch wegen KURT? Kann mich aber nur noch an diese unsäglich, geradezu lächerlich schlechte Band aus dem Rheinland erinnern.

Deren Sänger offeriert heute fast tagtäglich auf facebook sein Privatleben, das sich um testosterongesteuerten Profilierungssüchte, billige Anti-PC Witze und generell vorhersehbare Musik dreht. Also ein Ausbund des schlechten Geschmacks. Hätte man das damals schon geahnt, hätten wir uns die Band auch sparen können. Aber so eine segensreiche Erfindung wie facebook gab es damals noch nicht. Wir mussten ja alles selbst und analog am eigenen Leib erfahren, um daraus Erkenntnisse ziehen zu können.

Das war schon bei meinen ersten Punk-Konzert Besuchen Ende der 70er in London so. Da wurden die Bands zum Teil heftig bespuckt und angerotzt vom Publikum. Zum 1. fand ich das eklig. Zum 2. verstand ich nicht die Motivation dahinter?

Aber wie rasant schnell sich die Zeiten schon damals änderten, zeigte sich mir bereits wenige Jahre später (1982, glaub ich), bei meinem nächsten London-Besuch. Da bespuckten die inzwischen zu einer uniformiert gestylte Herde gewordenen Punks die Band SUBHUMANS. In dem Fall fand ich das sogar lustig: Die Band langweilte mich eh’ mit ihrem Agit-Prop-Punk-Rock und messianischem Apostel als Sänger. Total witzlos!

Wie man nun also rückblickend erkennen, zeichneten sich die ersten Risse in dieser “Punk-Szene” schon sehr früh ab, eigentlich schon zu Beginn.

Einerseits entwickelte sich sehr schnell eine Art von Kleinhirnzüchterverein, der größten Wert auf Einhaltung der musikalischen Standards und den Regeln der Kleiderverordnung und des Benehmens legte. Andererseits gab es aber auch immer noch die Freigeister, die sich wie alle anderen auch, durch jene sogenannten Punk-Revolution angezogen fühlten, aber drauf schissen, welche neuen Regeln die Punk-Herde nun als Monstranz vor sich hertrug. Logischerweise und konsequenterweise. Musikerinnen & Künstlerinnen, welche aufgestoßenen Freiräume auf ihre ureigene Art nutzten. Man musste sie nur suchen und finden. Sofern man denn überhaupt wollte. Manche Menschen bevorzugen ja den sicheren Hafen des bereits Bekannten… anstatt sich Herausforderungen zu stellen und Neues zu erleben. In allen Bereichen des Lebens. 

Aber es gab ja durchaus Überschneidungen, so schwer was das dann auch wieder nicht, das Originellere und eher Abseitige zu finden!

In der Hinsicht erscheinen mir die neuen Medien nun aber wieder mehr als Fluch denn Segen. Spotify hab ich nicht. Nicht mehr, um genau zu sein. Ich stelle es mir als grusligen Alptraum vor: Man steht vor einem riesigen unbekannten Feld. Wenn man nicht selbst die Initiative ergreift, nimmt einen der Spotify-Algorithmus bei der Hand und führt einen auf einen immer enger werdenden Weg, bis man schließlich in der Algorithmus-Matrix landet, die Sportify für einen ausgewählt hat. Netflix ist genauso der selbe Scheißdreck: Da hab ich noch nie gefunden, wonach ich gesucht hab.

Dabei ist’s so einfach: Du musst nur “Mäh” sagen und schon bist du keine Kuh mehr. Es gab diese Bands, die Punk mehr als Ethos und nicht als Stilvorgabe verstanden  hatten, schon von Anfang an und auch danach stets und immer zu jeder Zeit. Die sogenannte Punk-Revolution findet permanent statt. Auch heute, gerade jetzt irgendwo auf der Welt. Always look on the bright side of life.

P.S. Schon wieder so ein leidiger “Was ist Punk” Sermon? Gähn… Nein, eigentlich nicht! Es geht mir viel mehr um die Art wie wir Musik konsumieren (unabhängig von Punk!), was das über uns aussagt und welche gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen das haben könnte. Musik und Kultur im Ganzen reflektiert unsere Gesellschaft und stellt Fragen: Wer sind wir? Was sind unsere Werte? Wie stellen wir uns die Zukunft vor? Um das viel besser und tiefgehender zu erkennen, worauf ich hinaus will, empfehle ich wärmstens diese Dokumentation des Schweizer Fernsehens (nichts was dir Netflix empfehlen würde, haha).

       

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