Einfamilienhauspunk Spezial: Weekly Carouse vs. Fornhorst

Beide neuen CDs sind ungefähr zeitgleich bei mir eingetrudelt und ich könnte sie mir auch ideal auf einem gemeinsamen Konzert vorstellen, weshalb ich sie hier mal nebeneinander bespreche. Irgendwie ploppt bei beiden Bands sofort das Wort Einfamilienhaus-Punk auf, was ich gar nicht böse meine. Ich denke da eher an Lebensentwürfe mit Kindern, Familie und festem Job, wie sie seinerzeit in der Bausparkassenwerbung auf die Schippe genommen wurden. Letzten Endes also dem meinen gar nicht so unähnlich sind.
WEEKLY CAROUSE sind direkt die Überraschung für mich, denn die Aufnahmen hatte ich im Dezember schon einmal gehört. Und da sparte ich doch sehr mit Worten des Lobs. Wie kann das sein? Also entweder war ich damals komplett neben der Spur oder da ist an den Aufnahmen noch was passiert, denn ihr Album „AELTAERN“ kann ich heute nicht anders als exzellent bezeichnen. Die von mir bemängelten Aahs und Oohs kommen wohldosiert an den richtigen Stellen und die Texte sind frei von Peinlichkeiten, was gar nicht mal so einfach ist, denn die Themenwahl lädt hier zum Scheitern ein: Die 90er, Depressionen, AfD, Selbstreflexion angesichts der #metoo-Debatte und Lieder über das Songtexten an sich. Das kriegt Frank echt geil hin, so eine einerseits alltagstaugliche Sprache zu finden, die so wenig parolenhaft ist, und andererseits diese songtauglich in die Musik zu integrieren. Ja, und die kann sich messen mit den Großen des melodischen Westcoast-Punkrocks. Höhepunkte des Albums, das vom Leben und Altern in Würde mit seinen würdelosen Momenten handelt, sind die beiden Songs „Vadda“ und „Mudda“, die mich zutiefst berühren. Seitdem Peter Hein sich so herzzerreißend mit dem Thema ‚Verpasste Chance Vater‘ auseinandergesetzt hat, ist solcher Sender bei mir auch zu empfangen. Und da sind wir neben der Erwähnung des Niederrheins im Auftaktsong der FORNHORST CD „Soundtrack meines Lebens“ bei der größten Überlappung: ‚Von Vätern‘ ist auch so ein Song, der mir die Pippi in die Augen treibt. Verdammt, wann fang ich noch an, die BROILERS zu hören?
Spaß! Bleiben wir lieber bei FORNHORST. Habe ich erst einmal überwunden, dass mir das Titelthema ‚Soundtrack meines Lebens‘ seit dem ‚Wort zum Sonntag‘ so am Arsch vorbeigeht, wie es nur am Arsch vorbei gehen kann, sind da doch auch ein paar Stücke drauf, die mehr als brauchbar sind. Alles ein wenig mehr Midtempo und der Gesang weckt Assoziationen mit Stomper 98, wobei er wirklich nicht so quäkig ist. Aber in den Liedern, die das Gemeinsame und das Früher und jetzt immer noch Gegenwärtige beschwören, sind sie eindeutig im Dicke-Loite-Punk unterwegs. Dass sie glücklicherweise noch andere Themen haben, wie sie mit ‚Too rich to fail‘, ‚Kauf dich frei‘ und dem eben erwähnten ‚Von Vätern‘ beweisen, rettet die Scheibe auf die Seite der Guten.
Da haben sich WEEKLY CAROUSE richtig festgesetzt, denn sie kriegen es durchweg hin, eine Scheibe über das Leben zu schreiben, die ehrlich, nie peinlich ankommt und trotzdem irgendwie auch jenseits der ganz großen Themen relevant ist. Schließlich geht es doch darum, wie ich mein Leben konkret gestalte, wenn die Welt so ist, wie sie ist.
Und so wie ich Frank verstand, soll das demnächst als Vinyl erscheinen. Kann aber noch ein wenig dauern, aber dann wisst ihr schon mal bescheid.

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