Oh, wie sehr habe ich TOCOTRONIC in den 90er-Jahren gehasst! Standen sie mit ihren scheiß Trainingsanzügen für mich, wofür heute all die bärtigen Zausel stehen: Eine Gruppe von Menschen, die die Plätze der öffentlichen Diskurse belegen, die eigentlich solch geilen Typen wie mir zustanden. Aufgesetzt erschien mir ihr Dilettantismus und ich wähnte sie alle aus reichem Elternhaus. Fakten, die ich nicht zu prüfen brauchte, denn ich wusste sie waren wahr.
Und jetzt kam doch noch die Box mit dem ganzen Plunder hier an, obwohl ich an gleicher Stelle schon behauptete, dass die Gewalt-Box garantiert die letzte war, die ich käuflich erwerben würde. Was soll ich sagen, ich hatte sie schon im September vorbestellt und schlichtweg vergessen, dass ich sie im religiösem Vinylwahn gleich nach der Erwähnung in meiner Facebook-Blase vorbestellt hatte. Und das, obwohl ich gar nicht mehr weiß, wohin mit den ganzen Tocotronic Boxen, obwohl ich gar nicht fett genug bin, das doofe L-Shirt zu tragen, es sowieso nie anziehen würde, weil das Word 2.0-Design des ‚Nie wieder Krieg‘-Schriftzug an Hässlichkeit kaum zu überbieten ist und obwohl ich doch nur die CD darin auspacken und hören würde. Überhaupt, was soll der ganze ‚Nie wieder Krieg‘-Scheiß? Wir wollen doch alle deutsche Panzer im Donbass und lachen über 5000 deutsche Stahlhelme. Oder irre ich mich, wenn ich das Gefühl habe, dass einige ganz schön kriegsgeil sind.
Und da liegt die Box nun und ich ratlos davor. Dass sie hässlich ist, so hässlich wie alles aus der Merchabteilung Tocotronic, deutete ich schon an. Das Booklet darin ist cellophaniert und das CD-Case noch mal extra in Plastik eingewickelt. Das passt zur roten Flecktarn-Variante des Schriftzugs auf dem Cover. Und ich frage mich, ob das Jan Müllers Versuch ist, Punkte bei Stefan Spiller zu machen.