Oi! The LyriK: Scooter – Oi!

Oi” ist die zweite Singleauskopplung aus dem 2015 erschienenen 18. Studioalbum “Ace“ der deutschen EDM-Gruppe SCOOTER, deren zentrale Figur und einziges beständiges Bandmitglied der Sänger und Musikproduzent Hans-Peter Geerdes ist, besser bekannt unter seinem Künstlernamen H.P. Baxxter. Text und die Komposition stammen von H.P. Baxxter, Phil Speiser, Michael Simon und Jens Thele.

Das im Hardhouse-Stil komponierte Stück ist in zwei unterschiedlich lange Strophen untergliedert, die nach einer zweizeiligen Überleitung von einem Refrain unterbrochen wird, dessen Thema nahezu identisch auch als Einleitung und Ausblendung des Liedes Verwendung findet.

Die erste Strophe folgt dem Reimschema AABXB, das sich einmal wiederholt, bevor das Lied von der Überleitung in den Refrain wechselt. Auffällig hierbei sind die verwendeten unsauberen Reime und der durch einen Reimwaisen unterbrochene zweite Paarreim. In der zweiten Strophe greifen die Verfasser auf das gleiche Reimschema zurück, dieses wird im Gegensatz zur ersten Strophe nicht wiederholt.

Im Refrain wiederholt sich gleichbleibend der Ausruf „Oi, oi, oi fucking oi!“, der sich frei mit „Hey, hey, hey, verdammt nochmal hey!“ übersetzen lässt. Unterbrochen wird dieser Ausruf von für das musikalische Schaffen von SCOOTER charakteristischen, animierenden Aufforderungen an das Publikum lauter zu sein und/oder zu schreien. Abschließend wird diese Aufforderung vom Sänger der Gruppe mit einem „Yeah“ wohlwollend konnotiert.

In der ersten Strophe resümiert das lyrische Ich, das dem empirischen Ich in persona H.P. Baxxter gleichzusetzen ist, sein prominentes Leben in knappen Worten. Demnach wollen ihn auf all seinen Wegen ständig alle Frauen anfassen und er sieht sich ständig von Papparazzi umgeben. Er bekennt, dass er dies alles für den Ruhm getan hätte, jedoch auch für den Spaß. Was genau „dies“ beinhaltet, bleibt dabei diffus. Ebenso wird der Hörer bezüglich des konstruierten Widerspruchs zwischen Ruhm und Spaß im Unklaren gelassen. Weiter beschreibt Baxxter, dass ihm auf all seinen Wegen „oi fucking oi“ entgegengebrüllt würde. Hinzu komme noch, dass das Gesicht des Ich-Erzählers weltweit im Fernsehen zu sehen sei und ebenso weltweit „sie“ wie er (H.P. ) sein wollen. Die Personengruppe „sie“ (im englischsprachigen Originaltext „they“) wird nicht näher beschrieben. Vermutlich meint Hans Peter damit, dass alle Menschen weltweit wie er sein wollen. Weiter beschreibt er, dass er nie das Spiel gespielt habe, immer ein böser Junge gewesen sei und ihm überall „oi fucking oi“ zugerufen werde. Die Spielmetapher wurde hier vermutlich falsch gewählt. Jedenfalls vermute ich, dass uns der Text sagen soll, dass der  Erzähler niemals nach den Regeln gespielt habe.

Im Lied folgt nun die Überleitung, in der der Hörer aufgefordert wird, das Leben nicht zu ernst zu nehmen, da niemand jemals lebend rauskomme.

Dem zuvor beschriebenen Refrain folgt dann die zweite Strophe, in der der Sänger in einer Rückschau festhält, dass er überall, wo er war, den Bass mitgebracht habe und er superdichte Zeilen in Dein Gesicht gerotzt habe. Nun sollen alle die Hände in die Luft recken, sich zurücklehnen und zuschauen, wie die Menge geht. Gemeint ist hier, vermutlich, wie die Menge abgeht.

Am Ende wird der Song mit dem bereits benannten ständig wiederkehrenden „oi, oi, oi, fucking oi“ ausgeblendet.

Inhaltlich und sprachlich wirft der Song mehrere Fragen auf: An wen richtet sich der Song? Was genau macht H.P. und wer sind „die“? Weshalb sollte man die Hände in die Luft strecken, um sie direkt anschließend zurückzulehnen und zu genießen? Dies wirkt auf mich wie eine paradoxe und in sich widersprüchliche Handlungsanweisung. Hat H.P. Baxxter eine gestörte Selbstwahrnehmung? Bewegen wir uns hier vielleicht sogar im pathologischen Bereich und sind Zeuge der künstlerischen Verarbeitung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung? Ist das Kunst oder verkennen wir lediglich eine nahezu unerschöpfliche musikalische und textschöpferische Genieleistung, die selbst die dadaistischen Meisterwerke von Hans Arp, Kurt Schwitters und Johannes Theodor Baargeld wie banale volkstümliche Haushaltslyrik erscheinen lassen? Ich würde euch diese Fragen nur zu gerne beantworten, stoße hierbei allerdings mit meinen bescheidenen Fähigkeiten an meine eng gestrickten intellektuellen Grenzen. Trotzdem hängt über allem die zentrale Frage, ob H.P. Baxxter jemals Englischunterricht hatte.  Die sehr eigenwillige Struktur der verwendeten Grammatik und die radikale Opferung des Sprachrhythmus, der die verwendeten Worte in den vorgegebenen stumpfen 4/4 Takt zwängt, lassen gegenteiliges vermuten. Der Text spielt jedenfalls in einer eigenen Liga, fernab von tight gespitteten, fetten Bars. Als selbst ernanntem „Bad Boy“ wird das Hans Peter sicher nicht die Bohne kratzen. Und so werde ich wohl weiterhin mit einer Mischung aus tief empfundener Bewunderung und innigster, aufrechter Verachtung das musikalische Schaffen von SCOOTER im Auge behalten und Herrn Geerdes für sein dickes Fell bewundern und seinen selbstironischen Umgang mit aller berechtigten und zurecht geäußerten, vernichtenden Kritik an seinem musikalischen Œuvre.

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