Oi!-The LyriK: Punktexte im Deutschunterricht?

Lehrer bei der anstrengenden Arbeit

Wie die meisten in der Bubble ja wissen, bin ich Lehrer, wenn ich nicht gerade die Welt mit meinem Blog hier rette. Das ist meistens in vielerlei Hinsicht eine ziemlich öde Tätigkeit, die dennoch sehr anstrengend ist, wie ihr von Bild, Welt und TikTok wisst.

In seltenen Momenten interessiert mich der Deutschunterricht zum Beispiel dennoch sehr: Gedichte und die verpönten Gedichtsanalysen mag ich. Diese werden in meinen Augen viel zu oft als der Tod der Lyrik bezeichnet. Ich denke aber, der konzentrierte Blick auf einen sehr reduzierten und dichten Text kann sehr erhellend sein.

Zwar gibt es die schöne und offene Aufgabenstellung ‚Analysiere und interpretiere!‘ schon lange nicht mehr, sondern es folgt meist eine ausführliche Beschreibung von Tätigkeiten, wie „verfasse einen Einleitungssatz, gebe den Inhalt in eigenen Worten wieder, beschreibe den formalen und sprachlichen Aufbau und nehme abschließend Stellung zu irgendeiner Aussage zu dem Gedicht oder dem darin behandelten Thema.“ Die ganze Aufgabenstellung wird inhaltlich noch deutlich lenkender gestaltet, so dass am Ende ein enges Korsett bleibt. Das führt dazu, dass auch ohne Verstehen eine befriedigende Leistung immer möglich ist.

Davon abgesehen, ist im Unterrichtsgespräch tatsächlich auch eine manchmal erhellende Sicht auf das Verstehen von Texten möglich, die einem selbst sonst verschlossen bliebe.

Darum habe ich in meiner Facebook-Blase mal nachgefragt, was es denn so an Texten gäbe, die man in der Art der genaueren Beschäftigung, wie sie im Unterricht passiert, anschauen könnte. Missverstanden wurde ich allerdings dahingehend, dass es mir fernliegt, solche Texte systematisch im Schulunterricht zu verwenden. Schließlich gibt es das Überwältigungsverbot und ich habe meinen Kindern auch sehr selten Punkshirts aufgezwungen. Zwar finde ich es manchmal charmant, wenn heute alte Texte in die Populärkultur eingehen, wie ‚Dr. Murkes‘ von EA80 von Gwen Dolyn oder auch die Version ihres anderen Projekts Tränen: das „Duell der Letzten“ von Chaos Z. Manchmal finde ich es aber auch höchst unangenehm. Verhindern wird es wohl keiner, denn das gemafreie Repertoire an adaptierbaren Perlen dürfte groß genug sein. Aber fördern möchte ich das nicht, denn sowas gilt es selbst zu entdecken. Wenn das nicht passiert, ist mir das ziemlich egal.

 

 

 

 
 

Ich habe daran gedacht, mich selbst in die Rolle des Schülers zu begeben und Songs so zu analysieren, um zu sehen, was dabei rauskommt. So ist mein Zugang zur Musik und den Texten ein oftmals sehr intuitiver. Ob ein Text gut oder schlecht ist, hängt einfach und alleine davon ab, ob er mein aktuelles Lebensgefühl auf eine nicht allzu plumpe Art und Weise trifft. Und die musikalische Umsetzung macht natürlich was mit mir. Das wollte ich mal prüfen. In der nichtrepräsentativen Umfrage wurden natürlich die üblichen Verdächtigen für gute Texte genannt: EA80, Razzia, Knochenfabrik, Abwärts, Turbostaat, alle Rachut- und Peter Hein-Bands und natürlich Neubauten. Dazu selbstverständlich, die rein im Punkkontext zu sehenden Namen wie Buttocks, OHL, Hass, Canalterror etc. Gaga- und Dada-Songs dürfen natürlich auch nicht fehlen, und an eine ausführliche Analyse von ‚Oi! Punk Pervers‘ oder ‚Hofgarten‘ oder ‚Dosenbier‘ werde ich mich sicher gerne wagen. Allerdings haben ‚Der lustige Astronaut‘ oder ‚Zum Bäcker‘ da auch ziemlich gute Karten.
Etwas Zeit werde ich mir natürlich auch mal für die Namen nehmen, die mir nicht geläufig waren. Vielleicht ist es angesichts der aktuellen Lage auch spannend mit der Querfront-Punkband Daily Terror und ‚Hinterlist‘ einzusteigen…

Da habe ich auf jeden Fall zwei oder dreihundert Songs zu interpretieren und keine Langeweile. Wie und ob das hier verwurstet wird, weiß ich noch gar nicht. Marion merkt immer an, dass ich mich verzetteln könnte. Aber ich könnte mir auch gut vorstellen, jemanden von den geneigten Lesern eine solche Aufgabe zu geben und das Ergebnis hier zur Diskussion zu stellen.

 

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