Jetzt auch in Farbe: Zwei Knochfabrik-Klassiker zurück aus der Betty Ford Klinik

Ameisenstaat und Cooler Parkplatz jetzt wieder auf Trillerfisch

Zwei Klassiker der deutschsprachigen Punkmusik sind aufwendig (warum schreibt man das eigentlich mit e?) restauriert zurück auf dem Vinylmarkt. Beide Scheiben sind bis heute einzigartig geblieben. Und das waren sie auch zum Veröffentlichungszeitpunkt: Deutschpunk boomte und walzte mit auf Hochglanz polierter Tontechnik alle Hörgewohnheiten glatt. Da erschienen zunächst die berühmten Demotapes der Kölner Underdogs. Die waren so unglaublich anders als der Rest, denn sie waren wieder Punk. Aber viel wichtiger: Die Songs hatten tausend Ebenen, auf denen man sie hören konnte. Zugegeben, meine war die unterste davon. Live waren sie unglaublich schlecht, was dem Publikum schlichtweg egal war. Da passte es ins Bild, dass die Band oft nicht für sondern gegen das Publikum spielte. Und im Gegensatz zu den heutigen Plagiaten (Team Scheiße, Ersatzkopf und wie der Müll heißt) war der Dilettantismus  nicht gespielte Geste, sondern traurige Wahrheit. Genau wie ihre großen Hits „Filmriss“, „Kleingeld“, „Ich hör dir nicht zu“, „Bring dich um“ und wie sie alle heißen. Sie sagten schon damals, was man sich so deutlich selten zu sagen traute, weil es unangenehm ehrlich war. Provokation richtete sich schon mal eher gegen die eigene Blase, und es war nicht ihr Schaden. Nirgendwo ein Ansatz, hier die Fahnen in den Wind zu halten.

Dass ich dann von Vitaminepillen-Ralph mit ins Studio zu den Aufnahmen der ‚Ameisenstaat‘ eingeladen wurde und sogar im Chor zu ‚Filriss‘ mitgröhlenund Bierflaschengeklimper beisteuern durfte, erzähle ich gerne und oft. Darauf dürft ihr mich gerne immer ansprechen, erzähle ich noch meinen Enkeln und Urenkeln von. Die Wahrheit war, dass ich ganz schönen Respekt vor den Jungs hatte. Die konnten saufen! Und Claus konnte einem fast Angst machen, wie er den Wodka in sich reinschüttete, um die Töne noch rauszukriegen. Dass man daraus eine Platte machen konnte, beeindruckt mich heute noch.

Aber so hörte sich die „Ameisenstaat“ auch an und gehört trotzdem zu den am häufigsten neu aufgelegten Platten. Claus erzählt ausführlich im Innenklappcover der Neuauflage, wie er die alten Bänder hat retten können und wie er einzelne Gitarrenspuren wieder neu einspielte. Und das Resultat hört sich am Ende auf die genau richtige Art fetter an. Es ist keine Neuaufnahme, sondern hat den alten Charme behalten, klingt jetzt aber druckvoller, ohne gleich aufgepumpt zu sein. Das macht schon Freude und da KNOCHENFABRIK ja auch Musiker sind, darf man das ruhig mal so hören dürfen. Und das tue ich gerne. Die alten Aufnahmen hatte ich schon lang nicht mehr gehört. Das gilt dann auch für die ‚Cooler Parkplatz‘-LP, die in meinen Augen damals aufnahmetechnisch völlig verhunzt war. Auch hier hat Claus lange angekündigt, dass es nur eine Neuauflage der auf Discogs gerne im niedrigen dreistelligen Bereich gehandelten LP geben würde, wenn sie restauriert würde. Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, die alte Scheibe rauszukramen, um zu vergleichen, genieße „Fuck off“, den „Nackten Golfer“, „Du hast es viel zu spät gelernt“ oder das „Sinnlose Lied“. Genie und Wahnsinn, all das trifft es auch hier. Das hört sich jetzt prima an. In mir ploppen alte Geschichten auf, denn natürlich ist das auch der Soundtrack aus einer längst vergangenen Zeit. Geschichten, die verklärt aufploppen, niemals so waren. Auf eine gewisse Art zeitlos ist auch diese Platte, wenn man den Selbstdarstellungstrieb einfach von den Talkshows in die sozialen Medien transportiert, dann muss ich konstatieren, so viel hat sich nicht geändert.

Beide Platten sind auf dem bandeigenen Trillerfisch – Label erschienen, und ich gehe mal davon aus, dass die dann auch weiter nachgepresst werden, wenn sie zur Zeit auch schon wieder knapp werden.

Tatsächlich kann ich nur dazu raten, hier bei den Nachauflagen zuzuschlagen, auch wenn sie leider nicht auf CD zu haben sind. 

Hört sich prima an!

1 Kommentar

  1. Seit 1996 darf man aufwendig auch mit ä schreiben. Das zeugt zwar von schlechtem, weil neumodischem Stil (Ich jedenfalls habe das in der Schule anders gelernt!), aber wenn Du Dich an die Jugend ranwanzen willst, kannst Du das gerne tun.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*