
LOVE A gehören ja zu den Guten, an SCHRENG SCHRENG & LA LA habe ich mich bisher noch nicht ran getraut. Vielleicht liegt es daran, dass ich Angst hatte, es könnte so sein, wie bei den beiden Künstlern, die für Lasse und Jörkk eröffneten. So Folk/Singer-Songwriter sind Genres, das ich nur in sehr kleinen Dosen ertragen kann. So stehen wir zunächst etwas lustlos herum, sondieren die Lage: Außer Jörkk, der uns herzlich seine neue Sonnenbrille testen lässt und Punkrock-Micha (Old punks never die! Yeah!) nebst Tochter kennen wir natürlich niemanden in dieser Parallelwelt, die aus altgewordenen WG-Küchen-Bewohnern nebst Nachwuchs besteht. Es gibt höflichen Applaus für Freda, die traurige Lieder zupft.
Ich schaue mich um, beneide die Schlafsuchenden, die Stühle zum Sitzen gefunden haben. Wo sind die schönen Tischbänke? Nicht alles an Corona war schlecht! Ich mache Gedankenspiele und arbeite mich an Äußerlichkeiten ab. Warum gibt es bärtige, dicke Männer mit Käppi, die Aussehen wie Kolja von der Antilopengang? Antwort, finde ich nicht raus. Vielleicht würde Jörkks Brille jetzt helfen! Der Schlaf rollt an. Bier hilft auch nicht zum Wachwerden. Und wie kann man bei der Musik noch kiffen? Und überhaupt: Es sind doch Kinder da! Das einzig schöne, denke ich, wird sein, dass auf dem am Horizont düster aufziehenden Rodeo bestimmt das Kiffverbot der Kinder wegen durchgesetzt wird. Vor meinem geistigen Auge sehe ich brutale Awarenessteams, die Kiffer SEK-like am Boden fixieren.
All das will nicht helfen. Jetzt tritt ein befreundeter Barde aus Kanada auf die Bühne. Ich denke an die Schrecken, die Chuck Ragan oder Tony Sly im Namen von Bob Dylan verbrochen haben und für einen kurzen Moment klingt der Gedanke an tanzende Punks verlockend. Ich brauche dringende eine Matte, um mich auszuruhen. Meine fröhliche Art wirkt auf Marion ansteckend. Sie fragt, ob wir gehen sollen. Dann kommt Jörkk auch noch mit einem Gin ums Eck. Gibt es natürlich nur im Backstage. Jetzt braucht er keine Brille mehr. Ich kann unmöglich eine dritte Flasche Ueriges Alt trinken. Warum mache ich das auch? Bier macht doch immer bräsig! Ich beneide die Kinder, die rumwuseln und das alles ausblenden können. Woran die wohl denken? Wie sie sich in Bälde zu Mobbingexperten entwickeln werden? Oder gar an die Rente mit 70?
Es reicht! Letzte Chance ist es, das Gelände zu verlassen und uns an einem freundlichen Ort mit Pizza und Cola mit Schuss zu versorgen. Rezas Restaurant neben der früheren Philips-Halle an der Haltestelle Oberbilk ist gar nicht so verkehrt. Ein schöner Platz, der zum Verweilen einlädt. Ich denke, dass das eine prima Alternative zum Worringer Platz sein könnte. Aha, der Schuss wirkt, und ich lebe auf. Das merke ich daran, dass ich beginne, etwas anzugeben mit der alten Geschichte, dass ich Herbert Grönemeier mal bei einem Interview in der Philips-Halle als 16jähriger-Schulreporter ein wenig wütend gemacht habe.
Gut gelaunte schlechte Laune
Gerade rechtzeitig zu den letzten Tönen des freundlichen Kanadiers sind wir zurück und Jörkk und Lasse starten. Das wird von der ersten Ansage an lustig. Man merkt, wieviel Liebe die beiden sich und dem Publikum zu geben haben. Und diese Magie erfasst einen sofort. Auf der einen Seite, schlau auf der Grenze zum pathetischen Dünnschiss zu balancieren, niemals aber in Gefahr zu geraten, auszurutschen. Die Texte funktionieren wunderbar: Energizer für die Seele. Und dazu der Unterhaltungswert der Ansagen! Hach, herrlich! Der Funken springt schnell über, es ist ein Heimspiel und die lähmende Müdigkeit weicht einem belustigt-schwelgendem sich-Einlassens. Die Bilder in meinem Kopf verändern sich. Der neu erstarkte Resonanzkörper von Jörkk tut Wunder. Thank you for not smoking! Die Familie von Lasse wird einbezogen. Das ist süß! So geht Eskapismus! Spraypaint the wall! Die Zeit vergeht wie im Flug! Schön! Als Catweazle (oder war es Rainer Langhans? Iggy war es nicht!) vor der Bühne dann noch sein T-Shirt auszieht, droht die Stimmung kurz zu kippen. Verständlich, denn bei dem Anblick hätte selbst Antje ihren Profilnamen geändert. Aber mit viel Bitten und Betteln ging es gut aus und das Shirt an. Vielen lieben Dank dafür! Und auf die neue CD im August müssen wir uns freuen.
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